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Predigt an Himmelfahrt 1997

Warum Himmelfahrt? - Kein Abschied - Ein Auftrag - Ein Versprechen

 

Lukas 24, 36-53

Als sie aber davon redeten, trat er selbst, Jesus, mitten unter sie und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch!  Sie erschraken aber und fürchteten sich und meinten, sie sähen einen Geist.  Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz?  Seht meine Hände und meine Füße, ich bin's selber. Fasst mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, dass ich sie habe. Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und Füße. Als sie aber noch nicht glaubten vor Freude und sich verwunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu essen? Und sie legten ihm ein Stück gebratenen Fisch vor. Und er nahm's und aß vor ihnen.

Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen. Da öffnete er ihnen das Verständnis, so dass sie die Schrift verstanden, und sprach zu ihnen: So steht's geschrieben, dass Christus leiden wird und auferstehen von den Toten am dritten Tage; und daß gepredigt wird in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern. Fangt an in Jerusalem, und seid dafür Zeugen. Und siehe, ich will auf euch herabsenden, was mein Vater verheißen hat. Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr ausgerüstet werdet mit Kraft aus der Höhe.

Er führte sie aber hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie. Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel. Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.

 

 

Liebe Gemeinde!

Warum feiern wir eigentlich Himmelfahrt? Nur weil Jesus seine Jünger verlassen hat? Könnten wir nicht besser an diesem Tag arbeiten? Ich meine, die meisten wissen ja gar nicht mehr so richtig, warum dieser Tag eigentlich frei ist. Und in manchen Schulklassen wurde den Kindern erzählt: Morgen ist Vatertag.

Aber mal ehrlich. Was ist denn so Wichtiges dran an Himmelfahrt, dass ein ganzes Volk seine Arbeit niederlegt und damit demonstrieren soll: Heute ist ein besonderer Tag.

Also das ist schon das erste: Wenn wir Christen an einem Wochentag alles zum Stehen und Liegen bringen, dann ist das auf jeden Fall eine Demonstration.

Was oder wofür demonstrieren wir?

 

1. Himmelfahrt ist: Gar kein Abschied.

Der Volksmund sagt: Jeder Abschied ist ein kleiner Tod. Und darin drückt sich der Schmerz jeder Trennung aus. Und zugleich auch, dass der Tod für uns alle der Abschied schlichtweg ist.

An Himmelfahrt ist das ganz anders. Unser Predigtabschnitt bei Lukas beginnt damit, dass Jesus plötzlich mitten unter die Jünger tritt. Und die Jünger erschrecken und fürchten sich, weil sie ihn sterben sahen. Aber jetzt ist er wieder mitten unter sie getreten. So etwas gab es noch nicht.

Der Tod war bis dahin ein Abschied für immer. Aber für Jesus gilt das nicht. Er lebt, weil Gott ihm ewiges Leben geschenkt hat.

Manche sagen auch heute: Der Auferstandene war natürlich nicht der Gekreuzigte. Er war nicht der, der mit den Jüngern durch das Land gezogen ist.

Der Auferstandene sagt in unserem Predigtabschnitt: Seht meine Hände und Füße, ich bin's selber.

Jesus ist nicht tot. Er lebt. Er lebt auch jetzt. Er ist keine Vision und kein Geist. Er ist nicht die Projektion der Jünger und kein Gespenst. Jesus ist kein Hirngespinst. Er lebt und er hat einen Leib mit Fleisch und Knochen und er kann essen, wie wir.

An diesem Jesus sehen wir: Es hat das Leben gesiegt und nicht der Tod. Und darum ist Himmelfahrt eigentlich kein Abschied. Weil Jesus lebt und weil er seinen Jüngern verspricht: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. Und: Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an das Ende der Welt.

 

2. Himmelfahrt heißt: Wir haben einen Auftrag

Aber wenn das so ist, liebe Gemeinde, dass Jesus den Tod überwunden hat und auch für uns ewiges Leben erworben hat, warum sind wir dann noch hier? Warum müssen wir uns noch durch diese Welt quälen, wenn uns doch bei Gott eine viel bessere erwartet? Warum machen wir es nicht so, wie manche Sekte in unseren Tagen. Ein bisschen Gift von der richtigen Sorte und schon hätten wir uns als Christen ganz lautlos und schmerzlos in eine bessere Welt verabschiedet!

Warum leben wir als Christen in dieser Welt? Gerade auf diese Frage gibt Himmelfahrt eine Antwort! Und wegen dieser einen Antwort lohnt es sich schon für uns einen ganzen Arbeitstag in einen Ruhe-, Feier- und Denktag umzuwandeln.

Die Antwort ist: Wir haben einen Auftrag. Darum leben wir als Christen in dieser Welt. Wir haben den Auftrag Jesu: Wir sollen in dieser Welt, an unserem Arbeitsplatz, in der Schule, in der Familie, im Verein und überall, wohin es uns nur verschlägt Zeugen für Jesus Christus sein.

Wir sollen Zeugen sein in Wort und Tat!

Dazu eine kleine Geschichte: Im Kindergarten unterhalten sich die Kinder mit der Erzieherin über Gott. ãGott wohnt im Himmel", meinen die einen. Gott wohnt auf Erden unter den Menschen", sagen die andern. Schließlich löst ein kleiner Junge - sein Vater ist Arzt - die schwierige Frage auf ganz lockere Art: Wohnen tut Gott im Himmel, aber seine Praxis hat er in der Kirche!"

Unter Kirche ist hier natürlich nicht das Haus zu verstehen, sondern du und ich. Schön, wenn dem so ist, dann erfüllen wir den Auftrag, den uns Gott gegeben hat.

 

3. Himmelfahrt heißt: Wir haben sein Versprechen

Bevor Jesus von seinen Jüngern ging, versprach er ihnen: "Siehe, ich will auf euch herabsenden, was mein Vater verheißen hat. Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr ausgerüstet werdet mit Kraft aus der Höhe."

Jesus vertraut uns seinen Auftrag, sein Lebenswerk an. Er opfert sein Leben für uns Menschen. Und nun legt er alles in unsere Hand. Wir sollen seine Zeugen sein.

Da mag manchem von uns das Herz in die Hosentasche rutschen. Wie sollen wir vor dieser Welt bestehen können? Wie sollen wir dieser Welt widerstehen können?

Wir erleben und wir sehen so manches, was uns belastet und bedrückt. Wie wenig Verständnis - wie wenig Offenheit haben manche Menschen für unseren Glauben. Wie dürftige Unterstützung finden wir?

Dafür ist Himmelfahrt auch da. Für alle Verzagten. Für alle, die schon den christlichen Glauben vergehen sehen. Die keine Chance mehr für den Glauben sehen. Dafür ist Himmelfahrt da, dass wir uns erinnern: Unser Herr Jesus Christus hat uns sein Versprechen gegeben. Er sendet uns den Heiligen Geist: einen Anwalt, der für uns entritt, der uns tröstet.

Und noch etwas hat uns Jesus versprochen. Er verspricht, dass er uns mit seiner Kraft ausrüsten wird.

Eduard Thurneysen berichtet von einem Telefongespräch, das er mit Karl Barth am letzten Abend vor dessen Tod geführt hat. Karl Barth wusste von seinem nahen Tod, aber nicht, dass er in dieser Nacht sterben würde. Er war wohlgelaunt und heiter. Als die beiden auf die Weltlage zu sprechen kommen, da sagt er: Ja, die Welt ist dunkel.

Und dann fügt er hinzu: Nur ja die Ohren nicht hängen lassen! Nie! Denn es wird regiert, nicht nur in Moskau oder in Washington oder in Peking, sondern es wird regiert, und zwar hier auf Erden, aber ganz von oben, vom Himmel her! Gott sitzt im Regimente! Darum fürchte ich mich nicht.

Darum liebe Gemeinde ist dieser Tag ein freier Feiertag: Damit wir Christen es nicht vergessen. Jesus Christus herrscht als König, alles sei ihm untertänig, alles legt ihm Gott zu Fuß.

Darum: Lasst die Ohren nicht hängen!

 

Amen